13:30 Uhr – Treffpunkt: Sella… Koordinaten wurden verschickt! Alles sollte klappen (denkste!)…
Wir vereinbarten mit Oliver, dass dieser uns zur genannten Zeit in Sella abholen und die „letzten Meter“ bis zu seinem Haus lotsen würde. Der Weg bis zum Dorf war kein Problem, doch wir verpassten in der letzten Kurve nach rechts abzubiegen und google hat uns kurzerhand durch eine kleine enge Gasse gelotst, ohne dass wir das so richtig mitbekommen haben. So fuhren wir gutgläubig ca. 200m durch die Gasse… es kam eine Rechtskurve, auf der einen Seite eine Mauer und auf der anderen zwei parkende Autos, welche wir gerade noch so durchqueren konnten. Danach ging es für uns allerdings nicht weiter… Die Gasse wurde noch enger. Kleine Balkone und weitere parkende Autos verengten das Gässchen zudem. Binnen Sekunden standen Anwohner auf der Straße, gestikulierten wild und versuchten uns mitzuteilen, dass wir mit dem LKW nicht weiterfahren könnten. Zurück war aber praktisch auch nicht möglich. Wir riefen Oliver an, der uns schon von Weiten sah und das Unheil erahnte.
Es half nichts, wir mussten die 200m im Rückwärtsgang zurück. Also Fenster runter, Kopf raus, Rückfahrkamera an, Oliver hinter dem Auto sowie ein paar Anwohner auf Balkonen und neben dem Auto, die die Richtung wiesen oder einfach nur auf den großen Knall warteten. Nun im Schneckentempo zurück und weiter bis zum eigentlichen Treffpunkt. Christian vollführte eine Meisterleistung. Komplett durchgeschwitzt und fertig mit den Nerven, stiegen wir aus und begrüßten Oliver und seine kleine Tochter Tili.
Christian dazu: ich habe mittlerweile ja schon ein paar enge Gassen durchquert aber diese war dann halt doch zu eng. Das hat man anfangs nicht gesehen, es gab kein Schild mit „max. Fahrzeugbreite“ und das Hauptproblem waren die ganzen parkenden Autos. Ohne die wäre die Straße durchaus befahrbar für mich gewesen. Das alles gepaart mit meinem zwischenzeitlich schon verloren geglaubten Optimismus… Anne so: „Wir passen niemals durch diese enge Kurve, da geht’s nicht weiter!!!“ Ich so: „Ach das passt schon und dann haben wir es bestimmt geschafft und die Straße wird wieder etwas breiter“. Ihr habt jetzt vielleicht von der Tank-leer-wir-stehen-Nachts-in-der-französischen-Pampa-Geschichte ein Déjà-vu. Dieser lebensmüde Optimismus hat mich also veranlasst mich irgendwie durch diese Kurve mit zwei parkenden Autos zu schieben, um direkt festzustellen: breiter wird die Gasse nicht. Noch mehr parkende Autos bei noch weniger Fahrbahnbreite. 🙂
In meinem Kopf kreisten einige dieser Gedanken: „Eigentlich wollen die doch Beulen am Fahrzeug, wenn man in so einer engen Gasse parkt?! Oder gibt’s da ein Prozedere wie bei den Italienern oder Franzosen, wo man extra ohne Handbremse parkt und dann die parkenden Fahrzeuge einfach mit dem eigenen Auto wegschiebt? Darf ich die einfach mit meinem Fahrzeug langsam und vorsichtig an der Wand zerquetschen, um ausreichend Fahrbahnbreite herzustellen?“
Jedenfalls war die Kurvendurchquerung hinwärts schon so ein Manöver, bei dem man sich denkt: jetzt gibt es kein Zurück mehr. Du schaffst das kein zweites Mal, erst recht nicht rückwärts. Klar, ich bin da mit 3 cm Abstand durch gekommen, also kommt man da schon irgendwie wieder raus. Andererseits weiß jeder: wenn dir ein super schwerer Trick beim ersten Mal gelingt, mach Feierabend! Versuch das um Himmelswillen kein zweites Mal! Schön wäre es gewesen… Einfach Abparken, noch eine tiefe Verbeugung vor den schockierten Anwohnern, welche mich auf spanisch wild gestikulierend vom Weiterfahren abhalten wollten und dann schnell das Weite suchen. Das war nur, genau wie die oben beschriebene „Rammbock-ihr-wollt-es-doch-so-Methode“, keine wirkliche Option. Und so musste ich den Spaniern meinen Supertrick als Zugabe nochmal im Rückwärtsgang zeigen. Ich hätte das jedenfalls gerne als Außenstehender gesehen. Im Unterschied zur Tank-leer-wir-stehen-Nachts-in-der-Pampa-Geschichte war ich hier relativ ruhig und konzentriert und so hat das doch irgendwie geklappt. Like a pro!! 😀 Die Spanier waren plötzlich auch alle wieder gut gelaunt – nur applaudiert hat mir außer Oliver leider niemand. Deshalb musste ich auch auf die ansonsten obligatorische Verbeugung verzichten. 🙁
Im Dorf waren wir durch diese spektakuläre Aktion nun bekannt. 😀 Doch unser Weg sollte ebenso spannend weitergehen. Oliver wohnt mit seiner Familie außerhalb des Dorfes. Der Weg dorthin ist teils asphaltiert, teils Schotterweg aber grundsätzlich recht eng, so dass stellenweise keine zwei Autos aneinander vorbeipassen. Ich muss ergänzen, dass die gesamte Strecke an einem steilen Hang entlangführte, welcher terrassenartig angelegt ist. Für mich als Beifahrer der Horror. Majestätisch erhöht saß ich auf dem Beifahrersitz mit einem Bein „im Abgrund“ und versuchte mich in jeder uneinsehbaren Kurve zu beherrschen nicht in Panik zu geraten. Stellenweise mussten wir die Strecke rückwärtsfahrend bewerkstelligen, um um die Kurven zu kommen bzw. die Straße überhaupt befahren zu können… alles jedenfalls super aufregend.
Christian dazu: das war nach meinem unmöglich-dass-du-das-nochmal-schaffst!-ich-mach’s-aber-nochmal-und-zwar-rückwarts!!-Trick eine echte Spazierfahrt. Einzig die steilen Anstiege mit diesem tonnenschweren 175 PS Fahrzeug waren etwas unschön.
An Olivers Haus angekommen, wurden wir sehr nett von dessen Frau, seinem kleinen Sohn und Emma dem Haushund begrüßt. Mila und Tili waren sofort im Spiel vertieft und verstanden sich super! Beim gemeinsamen Spaghettiessen lernten wir uns alle etwas näher kennen, unterhielten uns und bekamen das Angebot im „weißen Haus“ (2. Grundstück mit kleiner Finca und Stellplatz für unseren LKW) zu übernachten. Ebenso wurden wir direkt zum gemeinsamen Frühstück bei Olivers Nachbarn am nächsten Tag eingeladen. Für uns stellte sich das alles als ein großer Glücksgriff heraus. Unsere Gastgeber sind super nett und hilfsbereit, Mila hat eine perfekte Spielgefährtin gefunden und wir haben den Luxus im weißen Haus unabhängig zu sein, duschen, kochen, den Kamin heizen und ggf. sogar übernachten zu können. Ein Traum! 🙂
Am nächsten Morgen holten uns Oliver mit seinen Kinder ab um den Weg zu den Nachbarn zu laufen. Nach rund einer halben Stunde kamen wir bei diesen und ihrem reichhaltig gedeckten Frühstücks-/Brunchtisch an. Vero und Robi (Gastgeber, beide zwischen 60 unnd 70 Jahre – sie gebürtig aus Chile und er aus El Salvador) nahmen uns sehr herzlich auf und wir verbrachten eine tolle Zeit bei vielen leckeren Kleinigkeiten. Christian fand in Robi einen perfekten Gesprächspartner. Gesellschaftskritik, Ansätze des Sozialismus/Kommunismus aber auch der Guerillakrieg in El Salvador und spannende Passagen aus Robis Biografie wurden besprochen. Nebenbei vertraten wir uns etwas die Beine und von den Mädels war sowieso die ganze Zeit nichts zu sehen und zu hören. Sie hatten Spaß und genossen die gemeinsame Zeit. So verging die Zeit wie im Flug und wir verabschiedeten uns am Nachmittag um mit Oliver und den Kindern einen „kleinen Spaziergang am Wasser“ zu machen. Der Weg stellte sich als kleiner Kletterparcour heraus und war genau das Richtige für die Mädels. Spannung, Aktion und „Gefahr“- alles war dabei. 😉
Den 6.1. – in Spanien der Tag der drei heiligen Könige (wie Weihnachten bei uns) – verbrachten wir zunächst mit Spielen am weißen Haus. Mit Oliver und den Kindern unternahmen wir danach eine kleine Wanderung mit toller Aussicht.
In Oliver fanden wir einen aufgeschlossenen Gesprächspartner und vertrieben uns die Zeit auf der Wanderung mit Gesprächen über Erziehung, Bildung und vielem mehr. Das alles in dieser wirklich atemberaubenden Landschaft bei schönstem Sonnenschein. Später am Tag trafen wir uns erneut mit Vero und Robi zum Pizzaessen. Mila freute sich nach 2 Wochen Abstinenz endlich mal wieder über eine Portion Pommes und wir freuten uns über leckere frische Pizza.
Den 7. und 8.1. nutzten Mila und Tili um ausgiebig zu spielen und wir Erwachsene um zu kochen und uns auszutauschen. Wir haben wirklich viel Glück, dass die derzeitigen Umstände so gut passen! 🙂
Hi , ihr Weltreisende! Ich hoffe, dass bei euch alles klappt und dass ihr vor allem gesund und glücklich seid. Hoffentlich werden die Strassen unterwegs nich t so eng, steilt und furchterregend wie in Sella und Umgebung sein. Viel Glück und viel Spass! Robi